Nachdem wir nun schon einige Jahre mit vielen Menschen und Paaren gearbeitet haben, bin ich inzwischen davon überzeugt, dass Erwartungsdruck im Bett, also unsere eigenen Erwartungen, Urteile, Ängste und Glaubenssätze sind, die uns auf dem Weg zu einer erfüllten Sexualität und einem erfüllten Leben am meisten im Weg stehen.
Der wichtigste Schritt hierbei ist es, sich die entsprechenden Gedanken bewusst zu machen.
Warum leide ich unter Erwartungsdruck im Bett? Wovor habe ich Angst? Welche Erwartungen glaube ich erfüllen zu müssen? Was denke ich in dem Moment über mich selbst?
Nimm Dir gerne mal ein paar Minuten Zeit, um alle Erwartungen an Dich selbst in Bezug auf Sexualität aufzuschreiben. Was glaubst Du wie Du sein „solltest“ oder was Du tun „solltest“?
Bei mir persönlich waren es Dinge wie:
- Ich sollte mehrmals die Woche Lust auf Sex haben
- Ich sollte immer ja sagen, wenn mein Partner Sex haben möchte
- Ich sollte möglichst schnell bereit sein
- Ich sollte entspannt und offen sein, mich hingeben und jede seiner Berührungen genießen
- Ich sollte immer zum Orgasmus kommen
- Ich sollte Penetration genießen und durch Penetration zum Orgasmus kommen
- Ich sollte nicht zu lange brauchen
Und noch vieles mehr… All diese Gedanken haben dafür gesorgt, dass ich mich extrem unter Druck gesetzt habe, diese Erwartungen zu erfüllen und dadurch die meiste Zeit nur im Kopf war und gar nicht wirklich verbunden mit mir und meinem Partner…
Wenn Du diese Liste gemacht hast, kannst Du Dir die 1-2 stärksten Erwartungen herausgreifen und sie mithilfe von The Work (von Byron Katie) hinterfragen.
- Ist das wahr?
- Kannst Du mit absoluter Sicherheit wissen, dass das wahr ist?
- Wie reagierst Du, was passiert, wenn Du diesen Gedanken glaubst?
- Wer wärst Du ohne den Gedanken?
Nimm Dir besonders bei Frage 3&4 wirklich mal die Zeit Deine Augen zu schließen und reinzuspüren, was für eine Auswirkung dieser Gedanke auf Deinen Körper hat. Wo wird es eng oder weit? Was verändert sich? Welche Emotionen oder Bilder tauchen auf?
Falls Du Deine Gedanken und Glaubenssätze noch tiefer erforschen oder hinterfragen möchtest, kann ich Dir unser Tantra Coaching Programm empfehlen. Ein kostenloses Erstgespräch kannst Du hier buchen: https://www.reconnectprem.com/tantra-coaching/
Im nächsten Schritt kann es sehr hilfreich sein, mit Deinem Partner über den Erwartungsdruck im Bett zu sprechen und Deine konkreten Gedanken mit ihm / ihr zu teilen.
Natürlich ist das oft gar nicht so leicht und erfordert viel Mut sich so offen und verletzlich zu zeigen. Aber es zahlt sich aus, da genau diese Verletzlichkeit auch zu einer tieferen Verbindung und Nähe führt, die für die tantrische Praxis essentiell wichtig ist.
Und mir hat es auch sehr geholfen durch das Teilen selbst etwas mehr Distanz zu meinen Gedanken zu bekommen und manchmal sogar darüber zu lachen, wie viel Stress ich mir mache wenn ich mir ständig denke: „Hoffentlich kann ich es heute genießen. Ich muss mich entspannen. Ich muss loslassen. Ich darf nicht so viel denken. Verdammt ich denke ja immer noch.“ Und währenddessen selbst total verbissen und angespannt bin 😉
Und was wir in unserer Arbeit mit Paaren bei Erwartungsdruck im Bett auch immer wieder als wahres Wundermittel erkennen, ist das Thema Absichtslosigkeit.
Je nachdem was genau den Stress und Druck auslöst – das wird bewusst ausgeklammert. Wenn einer der beiden Schwierigkeiten hat zum Orgasmus zu kommen, dann kann es extrem hilfreich sein, jegliche Zielorientierung rauszunehmen oder sich selbst ein „Orgasmus-Verbot“ zu erteilen 😉 Dann kann der Sex vom verbissenen Wettlauf wer als erster ins Ziel kommt, wieder zum Liebesspiel werden, bei dem die Freude und Verbundenheit im Vordergrund stehen.
Wenn die Erektion, frühzeitige Ejakulation oder Schmerzen bei der Penetration ein Thema ist, dann gibt ein vorläufiges „Penetrations-Verbot“. Ich glaube, dass wir in der Sexualität oft viel zu sehr auf Penetration und Orgasmus fokussiert sind und uns darüber definieren, wie lange wir durchhalten oder wie oft der Partner kommt. Daher ist es immer wieder mal wichtig das gesamte Spektrum von Intimität auszuschöpfen.
Es ist alles erlaubt was Euch beiden Spaß macht und sich gut anfühlt. Nehmt Euch Zeit um Eure Körper zu erforschen, zu berühren, zu verwöhnen, zu genießen und eben einfach miteinander zu spielen.
Es geht in erster Linie darum, den Erwartungsdruck im Bett, die Anspannung und den Stress, den viele mit Sex verbinden, aufzulösen und wieder einen sicheren Rahmen zu schaffen, in dem sich beide entspannen und fallen lassen können. Erst wenn ihr eine Form des Liebesspiels gefunden habt, das ihr beide in vollen Zügen genießen könnt, dann könnt ihr Euch Schritt für Schritt auch langsam wieder der Penetration oder dem Orgasmus annähern.
Und manchmal kann es auch sein, dass ein Abend, der für die gemeinsame Sexualität reserviert ist, nur Gespräche und Austausch beinhaltet und keinerlei körperliche Intimität. Alles darf sein. Und wenn es das ist, was Du gerade brauchst, um wieder mit Dir selbst oder Deinem Partner in Kontakt zu kommen, wunderbar. Dann ist das auch eine gute Tantra Praxis 😉